Fehlerkultur

Der Ausgangspunkt

„Fehler? - dürfen halt nicht passieren!“ Auf diese schlichte Strategie sollte sich der Umgang mit dem Thema Fehler nicht beschränken. Denn Fehler passieren trotzdem. Was also kann getan werden, um Fehler aktiv zu vermeiden? Wie kann im Fall der Fälle die Fehlertiefe reduziert, schnell reagiert und wirkungsvoll gegengesteuert werden? Und wie kann eine Organisation systematisch aus Fehlern lernen?

Die Forderung nach einer „Fehlerkultur“ in Unternehmen ist häufig zu hören – und zugleich selten erfüllt. Unser Kunde, ein Spezialist auf dem Gebiet der integrativen Steuerung internationaler Bauvorhaben, wollte es nicht bei Lippenbekenntnissen belassen und hat vor einiger Zeit begonnen, sich intensiv mit dem Thema Fehler zu befassen. Wir als Organisationsberater wissen um die Bedeutung dieses Themas. Nicht nur, weil Fehler ein mitunter hohes Risiko für Unternehmen darstellen, sondern auch, weil der offene und aktive Umgang mit Fehlern ein zentrales Element moderner Unternehmenskultur ist. Deshalb waren wir sofort bereit, die Entwicklung einer spezifischen Fehlerkultur moderierend zu begleiten.

Der Prozess

Ein erster gemeinsamer Workshop mit allen Beschäftigten bildete den Einstieg. Hier wurden die unterschiedlichen Facetten des Themas beleuchtet, Beispiele besprochen und auch die individuellen Bedeutungen von Fehlern reflektiert. Damit wurde nicht zuletzt allen Beteiligten die Erfahrung ermöglicht, dass eine offene Auseinandersetzung mit dem Thema Fehler möglich, hilfreich und gewünscht ist. Und da eine Kultur nicht entsteht, weil man sie proklamiert, sondern indem man sie lebt, war dies der entscheidende erste Schritt zu einer unternehmenseigenen Fehlerkultur.

Im nächsten Schritt galt es nun, klare Verhaltensregeln zu vereinbaren und fehlerreduzierende Prozesse und Kommunikationsstrukturen zu definieren. Eine Mitarbeiterbefragung bereitete diesen Schritt vor. Hier wurden individuell bedeutsame Themen und die Problemsichten aller Akteure, aber auch deren Ideen und Ansatzpunkte gesammelt und systematisiert. Der anschließende Workshop konnte so von Anfang an auf die praktische Umsetzung der Fehlerkultur fokussieren – und nach bereits einem intensiven Arbeits­tag war ein Bündel von Leitsätzen und konkreten Vorgehensweisen erarbeitet.

Das Ergebnis

Der springende Punkt an diesem Ergebnis ist, dass die Beteiligten nicht der trügerischen Hoffnung aufgesessen sind, durch fixe Standards und scheinbar optimale Prozesse könne die Gefahr von Fehlern ein für alle mal auf ein Minimum reduziert und das Thema damit „abgehakt" werden. Vielmehr zielen alle Verabredungen darauf ab, einen permanenten Veränderungs- und Verbesserungsprozess zu ermöglichen – aus Fehlern also wirklich immer „klüger“ zu werden. Wissensgetriebene Organisationen brauchen solche nichtlinearen Lernprozesse: Sie zwingen sich nicht in ein enges Korsett, sondern nutzen Fehler und Irrtümer als Ausgangspunkt für eine bessere Lösung. Wer über Fehler offen redet und die Chance nutzt, aus ihnen zu lernen, hat Erfolg.