Personalführung mit großer Leitungsspanne

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann eine Leitungskraft führen? Wie groß kann also die Leitungsspanne sein, ohne dass essentielle Personalführungsaufgaben vernachlässigt werden? Gibt es im Hinblick auf die Führungskapazität eine „optimale“ Aufbaustruktur?

Diesen und weiteren Fragen sollte auf Anweisung des Oberbürgermeisters einer kreisfreien Stadt in Niedersachsen nachgegangen werden. Anlass war eine Personalbemessungsuntersuchung, die aufgrund der außergewöhnlich großen Leitungsspanne in einem Bereich Handlungsbedarf identifiziert hatte. Falls erforderlich sollte eine Reformierung der betreffenden Organisationseinheit durchgeführt werden.

Die Ausgangsfrage für den Organisationsentwicklungsprozess lautete zunächst: Wie sollten wir organisiert sein? Insbesondere galt es die Frage zu klären, ob die Organisationseinheit mit ihren 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (25 Vollzeitäquivalente) durch eine einzelne Leitungskraft realistisch gesteuert werden kann.
Gleichzeitig war die Leitungsspanne auch vor dem Hintergrund der etablierten Team- und Kommunikationsstrukturen zu bewerten. Diese zeichneten sich durch eine hohe Selbstän­digkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Expertenkultur), durch bewährte Kooperation und ein hohes Wir-Gefühl aus. Die Mitarbeiter betonten ihre Zufriedenheit mit den existierenden Strukturen.

In einem ersten Schritt wurde gemeinsam mit Mitarbeitenden und Leitung der Zielkorridor definiert: Welche Fach- und welche Führungs- und Managementaufgaben sollten in welcher Qualität bewältigt werden können? Und welche weiteren Rahmenbedingungen mussten durch die angestrebte Lösung erfüllt sein?
Darauf aufbauend wurden in der gemeinsamen Arbeitsgruppe Kriterien für eine optimale Aufbauorganisation definiert: Diese sollte neben gelingender Personalführung und einer tragbaren Belastung der Leitung auch eine weiterhin hohe Service- und Ergebnisqualität gewährleisten; aber auch ein hohes Maß an Selbständigkeit, eine flache Hierarchie und der Erhalt der gemeinsamen Identität standen auf der Agenda.

Ein Benchmarking mit vergleichbaren Verwaltungen konnte kein bevorzugtes Organisationsmodell identifizieren. Auch die sog. „analytische Personalbemessung“ bot keine Orientierung: Die KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement) hat ihre früheren Arbeiten an Personalbedarfskennzahlen nicht mehr weitergeführt, weil hier letztlich keine objektiven Daten zu gewinnen sind.

Die dann vorgenommene Analyse der konkreten Führungs- und Leitungsaufgaben kam zum Ergebnis, dass die Leitungskapazität prinzipiell ausreichen könnte, um den fraglichen Bereich in den vorhandenen Strukturen zu führen – sofern unterstützende Kommunikations- und Kooperationsstrukturen etabliert werden und die Mitarbeitenden ein hohes Maß an Selbstverantwortung übernehmen.
Hier erarbeitete die Gruppe ein ganzes Bündel an Maßnahmen, die letztlich trotz der großen Leitungsspanne eine effektive Personalführung sicherstellen konnten. Die äußerst flache Hierarchie konnte beibehalten und Verantwortung konnte teilweise noch breiter verteilt werden. Vielleicht am wichtigsten ist jedoch: Das Ergebnis wird von allen Akteuren begrüßt und mit großer Motivation umgesetzt!